Unter der „smiling response“ versteht man das Lächeln des Säuglings, wenn er eine Bezugsperson erkennt. Während des ersten bis zweiten Lebensjahres entwickelt sich das Bindungssystem. Hier baut sich die emotionale Bindung auf und wird verinnerlicht: Sicherheit, Geborgenheit, Beruhigung, Anregung. Und diese emotionale Beziehung wird eingeübt über etwa 30 000 smiling responses pro Jahr. Ich rechne schnell nach: durchschnittlich gut 80 mal pro Tag bringt mich so ein Baby dazu, mir seine Bedürfnisse mitzuteilen und ich „spiegele“ und „markiere“ die emotionalen Zustände des Kindes, gebe eine handelnde Antwort auf seine Signale – oder eben auch nicht.
Welche Bedingungen auch immer vorliegen mögen in dieser Zeit oder in den nachfolgenden Phasen der Entwicklung des Autonomiesystems (2. – 4. Lebensjahr) und des Identitätssystems (4. – 6. Lebensjahr), sie münden immer in eine strukturelle Fehlentwicklung. Die fehlende Passung zwischen den Grundbedürfnissen des Kindes und den Versorgungsmöglichkeiten der betreuenden Bezugspersonen werden hervorgerufen durch familiäre Belastungserfahrungen, Vernachlässigung durch die Eltern begründet in sozialen Konflikten, finanziellen Notlagen, seelischen und körperlichen Krankheiten, Sucht, Verlust wichtiger Angehöriger, Tod, familiäre Dauerbelastungen, Aggressionen, sexuelle Grenzüberschreitungen… Sie können so zahlreich und vielfältig auftreten, wie das Leben seine Romane zu schreiben pflegt, und häufig sind es Mehrgenerationenromane.
Die oft notwendig werdenden therapeutischen Interventionen bedienen sich vielfältiger Methoden. Alle diese Methoden haben ihre eigenen Geschichte, ihre Entwicklung und ihre Berechtigung. Ich möchte Ihnen mit der Systemaufstellung eine äußert effektive Methode vorstellen, die ich neben meiner tiefenpsychologisch orientierten Einzel- und Gruppenarbeit zu schätzen gelernt habe. Seit 1998 haben wir Systemaufstellungen – anfangs noch als klassisches Familienstellen nach Hellinger, später modifiziert als „Bewegungen der Seele“ – in unserem Seminarprogramm.
In den folgenden Beiträgen berichtet Dr. Peter Orban, Frankfurt a.M. lebendig und anschaulich, warum auch für ihn nach langjähriger therapeutischer Erfahrung die systemische Arbeit eine hohe Präferenz hat.
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Im ersten Video beschreibt er, wer zum System gehört.
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Im zweiten Video schildert er die Fahndung nach dem/n Fehlenden.
„Akademische Welt und Fundamentalismus sind zwei verschlossene Kästchen, in denen jeweils der Schlüssel zum anderen liegt“. (Isak Dinesen)
Akademische Kritik am „Familienstellen“ entzündet sich primär an der Person Bert Hellingers. Umso mehr hat es mich gefreut, als ich auf ein Vortrag von Prof. Dr. Stavros Mentzos gestoßen bin: „ Familienaufstellungen – Versuch einer Kritik, aber auch einer Würdigung vom psychoanalytischen Gesichtspunkt aus“, gehalten bei ‚Überregionale Weiterbildung in analytischer Psychosentherapie‘.
Gerne schicke ich auf Anfrage den gesamten Artikel zu. Hier nur einige Passagen:
- Die Hinweise, daß hier doch etwas vorliegt, daß ein Geheimnis noch nicht gelüftet wurde, erhält man jedoch nicht so sehr über sprachliche Äußerungen, sondern durch die Befindlichkeit, durch die Spannungen und affektive Körpermanifestationen der Stellvertreter, welche durch die räumlichen Beziehungen, Nähe und Distanz zwischen den Positionsinhabern und insbesondere durch die im Laufe der Aufstellung stattfindenden oder notwendig werdenden Bewegungen ausgelöst werden.
- Der Leiter versucht die Positionierungen herauszufinden, in denen die Betreffenden sich wohler fühlen, in denen ein Affektausbruch zustande kommt, in denen Spannung oder Entspannung durch diese eben neue Positionierung hervorgerufen werden usw.. Es ist so, wie wenn man ein Puzzle zu lösen bzw. zusammenzustellen versucht.
- Die mit Geheimnislüftung, aber auch ohne sie indirekt stattfindende Einsicht in die ungeheure Macht der Familienbindungen (zum Guten und zum Schlechten) ist meines Erachtens nicht zu leugnen und macht den gewichtigsten therapeutischen Faktor aus.
- Insgesamt erscheint es mir trotz der oben ausführlich geschilderten negativen Aspekte und Gefahren nicht berechtigt, Familienaufstellungen schon a priori als indiskutabel abzulehnen; im Gegenteil erscheint mir als ziemlich wahrscheinlich, daß sowohl allgemein als auch bei Psychosen die Förderung des symbolischen Erfassens des bis dahin nicht anschaulich Faßbaren gefördert werden kann.
- In meiner Prognose in Bezug auf die Methode würde ich eher dazu tendieren, zu sagen: Auch wenn die Mode der dramatischen großen Veranstaltungen oder der gewohnheitsmäßigen Familienaufstellung im Stil des Happenings in absehbarer Zeit vielleicht abnimmt und dann verschwindet, so wird, hoffe ich, ein positiver Einfluß dauerhaft zurückbleiben, und zwar nicht nur im Sinne eines in der breiten Öffentlichkeit geweckten Interesses für Familiendynamik und transgenerationelle Zusammenhänge, sondern auch für die Fachleute, also für uns alle Psychotherapeuten und Psychoanalytiker, als Anreiz zur Ausnutzung und weiteren Entwicklung von Techniken, die die anschauliche Symbolisierung intrapsychischer und interpersoneller Vorgänge fördern, was ja, wie wir wissen, gerade für unsere psychotischen Patienten von großem Nutzen sein kann.
Gerne erwähne ich hier, dass nicht nur auch in diesem Jahr bei uns Systemaufstellungen stattfinden, sondern aufgrund der Nachfrage eine Ausbildungsgruppe angeboten wird.
Hanswerner Herber
mit guten Wünschen für das Neue Jahr