Stein

pixelio/Alexander Dreher

Steinmeditation

Nimm den Stein in die Hand
fühle ihn.
Er ist hart, wie die Herzen der Herrschenden
hart wie Stein.

Umschließe ihn mit der Hand,
erwärme ihn,
den kalten Stein.
Nur, wenn du ihn umfaßt,
ihn mit deiner Hand umgibst,
nimmt er Wärme an,
wie ein kaltes Herz.

Begreife ihn mit deinen Fingern,
nur wenn du ihn begreifst,
wirst du dich mit ihm befreunden.
Fühle über seine Fläche,
die glatte, an der alles herunterperlt,
die kantige, die dir weh tut
und dich verletzen kann,
deine Empfindlichkeit, dein Fingerspitzengefühl,
deine Haut, die dich schützt.

So wird er ein Teil von dir:
denn so bist du oft selber steinhart,
und kalt,
und aalglatt,
und gefühllos,
und kantig,
scharf und verletzend.

Geschleudert als Stein
gegen die Befreiung der Unterdrückten

geschleudert,
um jede menschliche Regung im Keim zu ersticken,

geworfen
gegen die verzweifelten
und schreienden Menschen.

Ich mit meiner Meinung,
mit meinem Vorurteil,
steinhart im meiner Gleichgültigkeit,
treffe die Armen, die Lieblinge Gottes,
und lasse sie treffen – täglich.

Nur wenn einer kommt
und dich umfaßt,
wird die stumme Kälte sich auflösen

und Steine werden reden.

Nur wenn einer kommt
und sich deiner annimmt.
wirst du nicht mehr „zum Stein erweichen“
zum Himmel schreien.
Nur wenn einer kommt
und dich aufnimmt,
wird niemand mehr über dich stolpern.

Nur wenn einer kommt
und dich anrührt,
wird aus Steinen klares Wasser fließen;
und die Durstigen werden ihre
Sehnsucht stillen.

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