Hunde sind auch nur Menschen

Momo ist tot. Fast 10 Jahre hat er uns begleitet, Gisela und mich, die Familie, Freunde, Patienten und Seminarteilnehmer. Kinder vertrauten ihm. Ihre erste Frage beim Betreten der Praxis „Wo ist Momo?“  führte nahtlos zu Streichel- und Kuschelfesten. Dazwischen liegende Unterbrechungen wie Blutentnahmen wurden klaglos hingenommen: nur schnell wieder  zum Hund. Und mancher Klient, dem es bang und weh um´ s Herz wurde, versicherte, wie viel Trost und Mut ihm beschert wurde, wenn Momo den Kopf hob oder ihn gar auf das Knie legte.  Gruppenabende oder Seminare ohne Momo, das ging gar nicht.

Als wir ihn 2002 aus dem Tierheim zu uns holten, war er bereits zweimal abgegeben worden. Dennoch versah er souverän und würdevoll seinen Job, hütete und wachte,  koordinierte, spiegelte Gefühle, war Raufbold, Clown, Wandergesell, liebte Blues und mehr noch Mozart, war „ein feiner Kerl“ – so eine oft gehörte Äußerung – wurde langsam grau, interpretierte Kommandos so, dass keine mehr gegeben werden mussten, und entwickelte sich zum altersweisen Philosophen.

„Als Hund eine Katastrophe, aber als Mensch unersetzlich“,  hatte Johannes Rau mal über seinen Schnauzer Mischling Skooter gesagt. So do I. Momo konnte ausgleichen und  jedem seinen Raum geben. Kommunikationsexperten hätten ihn ohne zu zögern als Praktiker in ihr Team aufgenommen. Wir haben viel von ihm gelernt. Beim Sichten des Nachlasses fand ich sein Tagebuch. Hier ein vielsagender Auszug:

„Mein Er-Mensch hatte mich neulich ermuntert  meine Anschauung über die Welt und das Leben einer breiteren Öffentlichkeit kundzutun.

Mein Sie-Mensch schüttelte dazu den Kopf und meinte, dass niemand etwas so Komplexes erfassen könne ohne es zu leben, was meinen Er-Menschen wiederum veranlasste hässlich aufzulachen. Alles sei erlernbar, behauptete er: „Müssen die Leute halt Momologie studieren, wenn sie Momosophen werden wollen.“

Mein Sie-Mensch seufzte und zog in einer schon sehr momosophischen Geste die Schultern hoch und verdrehte die Augen.

Nun, ich meine: „Wir werden sehen.“ Und dann meine ich noch: „Auch das geht vorüber.“ Und im Übrigen: „Wie wäre es mit einem kleinen Nickerchen? Der Herr schenkt´ s den Seinen im Schlaf.“

 

Im Auftrag Hanswerner Herber

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