Erinnern

Innaro ist althochdeutsch  und bedeutet inwendig und innaron heißt machen, dass jemand einer Sache inne wird. Und wer mag, kann sich hier die Synonyme aufrufen.

Warum ich darüber schreibe?

Weil in einer Gruppenübung vor einigen Tagen ein Satz auftauchte, der mich angestoßen hatte. Jemand berichtete über das neue Album von Kate Bush „50 Words for Snow“. Anlass genug, um über spontane Assoziationen wie „Winterfreuden“, „Schneeschatten“, „Die weiße Welt“, „Eingeschneit“, „Sommerloch“,…, kleine Texte zu verfassen. Vielleicht war es die Häufung von Sätzen und anschließenden Bemerkungen wie „Plötzlich war die ganze Kindheit wieder da“, die uns über das Erinnern sprechen ließ, über das, was dabei in uns vorgeht und warum Erinnerungen ausbleiben oder uns überschütten und wieso es so scheint oder ist, dass die Erinnerung in uns etwas intensiviert, so als ob das Erinnern lebendiger ist, als es das Erinnerte war.

Marcel Proust findet in seinem Roman „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ dafür eindringliche Beispiele. Für ihn „ist das Erinnern eine Form überwältigender unwillkürlicher Erfahrung, die man weder beim Ereignis selbst erlebt, noch durch bewusst gesteuerte Erinnerungsarbeit herbeiführen kann. Aber in unbewachten Momenten wird man durch eine beiläufige Assoziation von Erinnerungen überflutet, die zu einer Gleichzeitigkeit von Vergangenheit und Gegenwart führen und damit eine Realität jenseits der Zeit sichtbar werden lassen können“ (Dietrich Schwanitz).

Solchen unbewachten Momenten sollten wir uns im Alltag immer wieder aussetzen, indem wir das Gewohnte bewusst unterbrechen und uns ebenso bewusst in die Achtsamkeit begeben, Achtsamkeit für diesen einen Augenblick. Klar, dass wir dann mit den Augen blicken müssen und sie nicht zu Empfangsstellen degradieren, an denen die Dinge nur vorbeischweifen.

Wir alle haben häufig erfahren wie uns ein Gedicht, ein Bild, ein Theaterstück, eine Musik anrührt. Wir alle haben Wissen um die Macht der Musen, den Töchtern der Göttin Mnemosyne (Erinnerung). Mit ihrer „musike techne“, ihrer Kunst verzaubern sie uns, rühren uns an, wühlen uns auf, stoßen tief vor in das Reich der (verschütteten, verdrängten) Erinnerungen.

Von der Seele schreiben

Wenn wir unseren Gefühlen Namen und Formen geben, erheben wir erneut Anspruch auf diese vergrabenen Gefühle  und leiten negative Energien in konstruktives Handeln um. Jede Sprachskizze erweitert unsere innere Welt um eine weitere Dimension, schenkt uns Klarheit und Offenheit und bringt uns wieder in Verbindung mit uns selbst.

Jede Skizze ist ein Teil deines Lebens-Puzzles. Lausche dem Klang deiner eigenen inneren Stimme, wie sie vom Papier zu dir spricht. Der Schlüssel zu erweiterter Wahrnehmung ist Hingabe.

Hanswerner Herber

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